top of page

Social Media im deutschen Wahlkampf: Learnings aus der Forschung für 2025

  • Team Newsletter
  • 17. Apr.
  • 3 Min. Lesezeit

Die Bundestagswahl 2021 stand im Fokus der sozialwissenschaftlichen Forschung wie wenige andere deutsche Wahlen zuvor. Analysen des Wahlkampfes, der Stimmung auf Social Media und vielem mehr wurden von der Wissenschaft detailliert unter die Lupe genommen. Drei spannende neue Studien und ihre Ergebnisse hat euch YPCClerin Chiara Tabakan in diesem Blogbeitrag aufbereitet und für die Praxis eingeordnet. 


Foto: Unsplash | Kaitlyn Baker
Foto: Unsplash | Kaitlyn Baker

📲 Kanalspezifische Inszenierung von Personen in der Politik - was steckt dahinter?

Politiker nutzen soziale Medien, um sich im Wahlkampf nahbar zu zeigen und

Emotionen zu vermitteln. Bisherige Studien konzentrieren sich oft auf textbasierte Analysen einzelner Plattformen. 


Ein Forschungsteam der Universität Bremen und der WWU Münster untersucht dagegen multimodale Strategien der Personalisierung und Emotionalisierung über verschiedene Kanäle hinweg.


In Studie 1 analysieren die Forscherinnen 401 Facebook- und Instagram-Posts mithilfe einer qualitativen Inhalts- und Bildtypenanalyse. Dabei identifizieren sie sieben multimodale Personalisierungsstrategien. Die Ergebnisse zeigen: Auf Instagram inszenieren sich Politiker privater, während auf Facebook eine formellere Darstellung überwiegt.


Studie 2 basiert auf 159 Beiträgen und nutzt automatisierte Inhaltsanalysen, um emotionale Ausdrucksweisen in personalisierten Posts zu untersuchen. Insgesamt dominieren positive oder neutrale Emotionen. Auffällig ist ein geschlechtsspezifischer Unterschied: Weibliche Kandidaten zeigen deutlich häufiger ein fröhliches Gesicht als ihre männlichen Kollegen.


💡 Fazit: Die Ergebnisse zeigen, dass der eigene Hebel für die Außenwahrnehmung recht groß ist, beispielsweise durch die Farb- und Bildgestaltung von Wahlkampfmaterialien. Hier lassen sich mit kleinen Handgriffen große Potentiale ausschöpfen. 


🎯 Mit Social Ads Wahlen gewinnen?

Soziale Medien sind ein zentrales Kommunikationsmittel in der Politik und ermöglichen kostengünstige Werbung mit enormer Reichweite. Doch der Einfluss politischer Anzeigen auf Wahlergebnisse bleibt unklar. 


In dieser Studie untersuchen Bär, Pröllochs und Feuerriegel den Zusammenhang zwischen Online-Werbung und Wahlergebnissen bei der Bundestagswahl 2021. Dazu analysieren sie 21.641 politische Anzeigen auf Facebook und Instagram mit insgesamt etwa 126 Millionen Impressionen. Die Regressionsanalyse zeigt: Politische Werbung auf sozialen Medien wirkt sich positiv auf den Wahlerfolg aus und kann Wahlen beeinflussen. Zusätzliche 200.000 Impressionen steigern die Stimmenzahl eines Kandidaten im Schnitt um 2,1 %. 


Die Kausalität solcher Effekte ist schwer nachzuweisen, doch eine moderne Sensitivitätsanalyse zeigt, dass unbeobachtete Störfaktoren die Ergebnisse nicht plausibel erklären können. Damit legen die Ergebnisse nahe, dass soziale Medien einen direkten Einfluss auf Wahlausgänge haben.


💡 Fazit: Investitionen in digitale Wahlkampfstrategien müssen, trotz der alternden wahlberechtigten Bevölkerung, weiter erhöht werden. Sie bieten ein besonderes Potential zur Wählergewinnung. 

Nach Anpassungen der Möglichkeiten zum Schalten politischer Werbung wäre eine erneute Durchführung einer solchen Regressionsanalyse für die Bundestagswahl 2025 sinnvoll.


🗞 Nachrichtenmedien und Wahlentscheidungen

Vertrauen in die Nachrichtenmedien ist für Demokratien essenziell. Auf Grundlage von Forschung zu Medienvertrauen und -genauigkeit, also wie korrekt die Berichterstattung ist, untersuchen Holtrup et al. (2024) die wechselseitigen Effekte zwischen wahrgenommener Genauigkeit und Vertrauen in Nachrichten. 

Dazu führt das Team eine zweiwellige Online-Panelbefragung (N = 952) zur Bundestagswahl 2021 durch. 


Die Ergebnisse zeigen: Beim individuellen Medienkonsum beeinflussen sich Vertrauen und Genauigkeit gegenseitig, wobei die Mediennutzung eine Rolle spielt. Betrachtet man die Medien insgesamt, wirkt sich Vertrauen auf die Genauigkeit umgekehrt aus, es besteht jedoch kein Zusammenhang. Medienskepsis und -Zynismus stehen lediglich mit Vertrauen in Verbindung, nicht mit der Wahrnehmung von Genauigkeit.


💡 Fazit: Medien klug wählen. Kandidatinnen und Kandidaten sollten sich auch damit auseinandersetzen, wo sie sichtbar sein möchten. Das Medium kann einen Einfluss auf die Wahrnehmung eines Kandidaten haben, gerade bei persönlichen Interviews oder in Talkshows. Eine klare Abwägung, inwieweit die gebotene Bühne zum Image der Person beiträgt, kann zwar nicht unbedingt helfen, Vertrauen aufzubauen. Jedoch kann eine negative Auswirkung auf die Vertrauenswürdigkeit eines Kandidaten, z.B. durch die Assoziation mit einem unseriösen Medium, verhindert werden. 


👉 Implikationen für die Praxis

Die Wissenschaft unterstreicht einmal wieder, wie divers die Beweggründe für das Wahlverhalten und die Wahrnehmung von politischen Inhalten sind. Auch wenn das im ersten Moment wie ein Fass ohne Boden wirken mag, so können PR und Medienverantwortliche in der Politik diese Vielschichtigkeit gezielt für sich nutzen.



📚 Für alle Eifrigen: Hier gibt's die Studien zum Nachlesen

Comments


DU HAST EIN ANLIEGEN?

Dann schreibe uns ganz unkompliziert - wir freuen uns auf deine Nachricht!

Danke für dein Interesse!

© 2024 YPCC.de

bottom of page