Glaubwürdigkeit im Wahlkampf: Kriterien zur Beurteilung von politischem Content auf Social Media
- Team Newsletter
- 23. Jan.
- 3 Min. Lesezeit
Ein Gastbeitrag von Chiara Tabakan
Wie entscheiden junge Menschen, welchen Inhalten sie in sozialen Medien glauben und welchen nicht?
YPCClerin Chiara Tabakan hat hierzu eine Studie mit Teilnehmenden aus Deutschland und Österreich durchgeführt. In einem qualitativen Forschungsdesign hat sie untersucht, wie Nachrichten zur Europawahl 2024 in sozialen Netzwerken rezipiert und im Hinblick auf ihre Richtigkeit und Glaubwürdigkeit beurteilt wurden. Ihre Forschungsergebnisse lest ihr in diesem Blogbeitrag.
Im Februar 2025 steht nun nach Bruch der Ampelkoalition mit der Bundestagswahl ein entscheidendes politisches Ereignis für das Land bevor und der Wahlkampf, auch auf Social Media, ist bei vielen Parteien bereits in vollem Gange. Aber wie entscheiden junge Menschen eigentlich, was sie auf Social Media sehen und liken, was sie glaube und was ignorieren?

Der Algorithmus spielt eine erhebliche Rolle dafür, welche Inhalte Nutzer:innen sehen. Trotz dessen gibt es Kriterien, die Inhalte glaubwürdig und ansprechend wirken lassen und dafür sorgen, dass Nutzer:innen sich damit auseinand ersetzen. Sie basieren auf einem qualitativen Forschungsdesign, bestehend aus Post-Exposure-Walkthrough und qualitativen Interviews, mit zehn Personen aus Österreich und Deutschland zwischen 18 und 30 Jahren, bei der untersucht wurde, wie Nachrichten auf Social Media zur Europawahl 2024 rezipiert und im Hinblick auf ihre Richtigkeit und Glaubwürdigkeit beurteilt wurden.
Die ersten Sekunden zählen!
Grundsätzlich wird innerhalb weniger Sekunden entschieden, ob Nutzer:innen sich mit einem Inhalt beschäftigen oder nicht. Dabei ist es häufig die Quelle, die als erste zentrale Anlaufstelle für die Einordnung dient. Kriterien sind dabei vor allem Seriosität und Neutralität der Quellen, besonders wenn es um Organisationen oder Nachrichtenportale geht. Gleichzeitig werden Quellen, die mit dem eigenen politischen Weltbild übereinstimmen, bevorzugt. Widersprechen sie diesem, werden sie eher ignoriert. Das ist ein klassisches Phänomen in der Psychologie, macht es jedoch gleichzeitig umso schwieriger, Personen außerhalb der eigenen Zielgruppe anzusprechen.
Kommentarspalten zentral zur Einordnung
In den Kommentarspalten unter Social Media Beiträgen kommt es nicht selten zu Beleidigungen, Hass und Hetze - gerade bei emotional aufgeladenen Themen. Dabei sind die Kommentare häufig das zentrale Element, dem sich Nutzer:innen zuwenden, um einzuordnen, wie nicht nur der Inhalt, sondern auch der Account dahinter und dessen Weltanschauung zu bewerten ist. Eine gute Moderation kann hier helfen, negative Effekte einzudämmen. Damit ist nicht ausschließlich das Löschen von Kommentaren gemeint. Selbst aktiv zu sein, auf Fragen und negative Kommentare von Nutzer:innen zeitnah zu reagieren, bietet die Möglichkeit, sich immer wieder sichtbar zu positionieren - gerade für Nutzer:innen, die mit einem Account und den Werten dahinter weniger vertraut sind.
Kürze und Verständlichkeit
Junge Nutzer:innen mögen es kurz und bündig. Slideshows mit Halbsätzen punkten dabei gegenüber langen Captions. Bei zu langen Captions verlieren selbst interessierte Nutzer:innen die Lust am Lesen. Auch eine überzogene Verwendung von Fachbegriffen wird eher negativ bewertet. Verständlichkeit steht an oberster Stelle. Wichtig ist, sich bei der Erstellung des Contents vor Augen zu halten, wie schnelllebig die sozialen Medien sind. Unsere Aufmerksamkeitsspanne ist über die vergangenen Jahrzehnte kontinuierlich gesunken, dementsprechend müssen sich auch die Inhalte anpassen. Besonders bei den Digital Natives ist dieser Trend verstärkt zu beobachten.
It‘s all about the looks!
Mit Foto oder lieber doch nur Text? Dafür gibt es keine universelle Antwort. Klar ist, Fotos können Aufmerksamkeit auf sich ziehen. NGOs, die mit Bildern humanitärer Krisensituationen Spenden sammeln, machen es vor und zeigen, wie schockende Inhalte auf emotionaler Ebene eine Reaktion hervorrufen können. Trotzdem ist hier Vorsicht geboten: Nicht jedes Bild wird von der Zielgruppe positiv aufgefasst, teilweise können Bilder auch abschreckend oder verstörend wirken. Auch bei der Farbgestaltung lässt sich eine Präferenz für ruhigere, neutralere Töne erkennen, ein exzessiver Einsatz von Signalfarben wie Rot wird häufig mit einem unglaubwürdigen Auftreten oder Clickbait in Verbindung gebracht. Insgesamt erzeugen Farben und Bilder zwar Aufmerksamkeit, können sich jedoch negativ auf die Glaubwürdigkeit und Seriosität auswirken.
Verschiedene Designs und Strukturen für Beiträge testen
Neben den oben genannten Faktoren spielt noch vieles mehr eine Rolle für die Auseinandersetzung mit politischen Inhalten auf Social Media, zum Beispiel die politische Orientierung oder Vorkenntnisse zu einem Thema. Dabei gibt nie ein einziges Kriterium den Ausschlag, wie eine Nachricht aufgefasst und eingeordnet wird, sondern ein Zusammenspiel verschiedener Kriterien. Um Inhalte für die Zielgruppe ansprechend zu gestalten, empfiehlt es sich daher nicht nur die Themen sorgsam auszuwählen, sondern auch verschiedene Designs und Strukturen für die Beiträge zu testen. Auch der Einbezug von repräsentativen Studienergebnissen kann helfen, Inhalte zu verbessern und so die eigene Botschaft erfolgreich an die Zielgruppe heranzutragen.
Foto: Unsplash / Priscilla Du Preez
Коментарі