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SOTEU 2025 unter der Kommunikationslupe

  • Team Newsletter
  • 25. Sept.
  • 3 Min. Lesezeit

Dieser Text ist Teil der neuen Reihe Brüssel Background", in der wir euch wichtige Themen aus Brüssel verständlich näher bringen wollen.


Am 10. September war es wieder soweit: Ursula von der Leyen hielt ihre jährliche „State of the Union"-Rede (kurz SOTEU) im Straßburger Parlament - das europäische Pendant zur berühmten „State of the Union“ in den USA.


Einmal im Jahr zieht die Präsidentin der EU-Kommission Bilanz über den Zustand der Union und gibt die Richtung für die kommenden Monate vor. Offiziell also die wichtigste Rede des EU-Jahres, mit Anspruch auf mediale Aufmerksamkeit und politisches Agenda-Setting.


In den USA schalten Millionen Menschen ein, Präsidenten nutzen den Moment, um das Land hinter sich zu versammeln. In Europa? Naja. In Deutschland geht SOTEU meistens unter.


Dabei war 2025 alles andere als Routine: geopolitische Krisen, Handelsstreit mit den USA, eine EU-Kommission unter Druck. Wir haben von der Leyen's Rede einmal unter die (Kommunikations-) Lupe genommen.


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Kampfmodus activated

Das Leitmotiv war unübersehbar: Kampf. Von der Leyen stellte Europa als Akteur dar, der um seine Zukunft kämpft: um Freiheit, Souveränität und demokratische Werte.

Einstiegssätze wie Europa kämpftoder „dies ist ein Kampf um unsere Zukunft“ zogen sich durch die Rede.


Die Botschaft: Wir sind nicht passiv, wir gestalten. Gleichzeitig bediente sie viele Themen wie möglich, von Verteidigung über Wettbewerbsfähigkeit bis Soziales - ein politischer Rundumschlag.


Starke Momente der Rede

  • Storytelling: Beispiele von entführten ukrainischen Kindern oder Feuerwehrteams aus verschiedenen Ländern machten Politik greifbar. Inklusive geladener Gäste.

  • Appell-Ton: „Dafür müssen wir dringend handeln.“ – direkte Ansprache, die Energie bringt.

  • Selbstkritik: Sie räumte ein, dass Europa oft gezögert hat. Das wirkt authentischer, als nur Eigenlob.


Die Schwächen

  • Checklisten-Effekt: Am Ende wirkte die Rede wie ein überlanger Newsletter voller Maßnahmen. Klare Prioritäten waren schwer zu erkennen.

  • Dauer-Alarmzustand: Wenn alles ein Kampf ist, stumpfen die Leute ab.

  • Die Länge: Über eine Stunde sprach Ursula von der Leyen, was dazu führte, dass mehrere Abgeordnete irgendwann ins Handy vertieft waren.

  • Rhetorik vs. Realität: Wie immer in der Politik: Europa hat schon oft große Worte gemacht – entscheidend ist, ob diesmal wirklich geliefert wird.


Und Deutschland so?

In Deutschland ging die Rede, wie immer, weitgehend unter. Die Tagesschau berichtete, ein paar Zeitungen schrieben mit – aber am nächsten Morgen war das Thema vergessen.

Warum?

  • EU-Politik wirkt fern und kompliziert.

  • Medien lieben Berlin-Dramen: Koalitionsstreit, Kanzlerwerte, Ministerpannen.

  • Es fehlt die Tradition: In den USA ist die SOTU ein Ritual. In Europa nicht – und schon gar nicht in Deutschland.

  • EU erst, wenn’s weh tut: Brüssel kommt groß raus, wenn es deutsche Interessen direkt trifft – Autoindustrie, Energiepreise, Landwirtschaft.


Von der Leyen ist zwar Deutsche, aber sie gehört nicht zur täglichen Berliner Bühne. Für viele hier ist sie einfach „weg“ in Brüssel.


Unsere Vorschläge für SOTEU 2026


  • Mehr Erzählung statt Aufzählung: eine klare Storyline hätte die Rede einprägsamer gemacht.


  • Emotionale Ansprache: weniger technokratische Begriffe, mehr direkte Verbindung zum Alltag der Bürger:innen (was bedeutet Thema XY konkret für unseren Alltag).


  • Selbstkritik und Authentizität: nicht nur Erfolge feiern, sondern auch offen über Schwierigkeiten sprechen.


Fazit: Viel gesagt, wenig Wirkung

Kommunikativ war die SOTEU 2025 stark: klare Bilder, Pathos, eine Mischung aus Dramatik und konkreten Projekten. Aber auch überladen und schwer zu greifen.

Und in Deutschland? Während in Straßburg Reden über Freiheit, Kampf und Zukunft geschwungen werden, schaut man hier lieber auf die nächste Regierungskrise.


Vielleicht ist genau das die eigentliche Schwäche der EU-Kommunikation: Man kann viel kommunizieren, wenn es niemand mitbekommt, aber es bleibt von den großen Worten nichts übrig.


Macht euch selbst ein Bild! Hier findet ihr die Rede zum Nachlesen: Rede von Präsidentin von der Leyen zur Lage der Union 2025



Foto: Unsplash | Alexey Larionov


 
 
 

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