YPCCareer x EU-Parlament: Was macht eigentlich ein APA?
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- vor 7 Tagen
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Die EU-Bubble kennt viele Jobtitel, aber kaum einer klingt so kryptisch wie „APA“ – Accredited Parliamentary Assistant. Was sich dahinter verbirgt: ein Job zwischen Tagespolitik, Ausschussarbeit und Excel-Tabellen, bei dem Multitasking nicht nur ein Buzzword, sondern schlicht notwendig ist.
Wir haben bei Paulina nachgefragt: Wie sieht der Alltag wirklich aus? Was muss man können, um hier reinzukommen? Hier kommen 13 ehrliche Antworten direkt aus dem Herzen des Parlamentsbetriebs.

1.Wie sieht ein typischer Tag bei dir im Europäischen Parlament aus – falls es so etwas überhaupt gibt?
Einen typischen Tag gibt es eigentlich nicht – dafür ist wirklich jeder Tag zu unterschiedlich. Trotzdem gibt es gewisse Abläufe, die sich oft ähneln: Zum Beispiel bin ich meist gegen 9 Uhr im Büro und mache mir erstmal einen Kaffee. Häufig setzen wir Assistent:innen uns dann kurz zusammen, besprechen den Tag und klären, was ansteht und was Priorität hat. Und ab da nimmt jeder Tag seinen eigenen Lauf – mit Meetings, Ausschusssitzungen, Events und vielem mehr. Was die meisten Tage aber gemeinsam haben: Sie sind ziemlich stressig!
2. Was sind die Aufgaben, die wirklich den Großteil deiner Zeit einnehmen – und welche tauchen nur in den Jobbeschreibungen auf?
Ich bin vor allem für die politische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit meines Abgeordneten zuständig. Als erste Ansprechperson für Interviewanfragen, Journalist:innen und Pressevertreter:innen koordiniere ich die externe Kommunikation und sorge dafür, dass Inhalte gezielt platziert werden. Darüber hinaus berate ich meinen Abgeordneten auch strategisch in kommunikativen Fragen. Außerdem plane und verwalte ich viele Termine und den Kalender, unterstütze bei der Betreuung der Social-Media-Kanäle und organisiere Veranstaltungen sowie Treffen mit zivilgesellschaftlichen Akteur:innen.
3. Gibt es einen Moment oder eine Sitzung, die dir besonders in Erinnerung geblieben ist – im positiven oder negativen Sinne?
Besonders in Erinnerung geblieben sind mir bisher vor allem die Reisen nach Straßburg. Dort hat man oft einen 16-Stunden-Tag – intensiv, aber unglaublich lehrreich. Man erlebt in kürzester Zeit so viel, dass es sich anfühlt, als würde man an einem einzigen Tag durch mehrere Jahreszeiten gehen – nicht nur wettertechnisch, sondern auch emotional und gedanklich. Für mich waren das immer Tage, an denen man nicht nur fachlich, sondern auch persönlich unglaublich viel über sich selbst lernt.
4. Wie bist du an deinen Job als APA gekommen – Vitamin B, offene Ausschreibung oder klassisches Bubble-Networking?
Ich habe meinen Abgeordneten direkt nach der Europawahl 2024 über eine Freundin kennengelernt – sie hat den Kontakt hergestellt. Nach einem persönlichen Treffen war ziemlich schnell klar, dass es gut harmoniert und wir ähnliche Visionen und Werte teilen. Eine Woche später hat er mir dann den Job angeboten. Rückblickend würde ich das auf jeden Fall als „Vitamin B“ bezeichnen – wobei natürlich auch immer ein bisschen Glück dazugehört. Mein vorheriges Praktikum im Europäischen Parlament hatte ich tatsächlich ebenfalls über Networking bekommen. Ich bin nach wie vor überzeugt davon, dass man durch gutes Netzwerken viel erreichen kann – oft kommt man so an die entscheidenden Kontakte. Und der Rest ist dann manchmal einfach eine Frage des Timings: zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
5. Welche Erfahrungen oder Skills haben dir beim Einstieg am meisten geholfen?
Ich denke, man muss auf jeden Fall flexibel und offen bleiben – besonders in Bezug auf die eigenen Vorstellungen vom Job. In der Realität sehen viele Tätigkeiten dann doch anders aus, als man sie sich zuvor ausgemalt hat. Wichtig ist auch, sich seiner eigenen Stärken und bisherigen Erfahrungen bewusst zu sein und diese möglichst klug und selbstbewusst zu kommunizieren.
Was die nötigen Skills angeht, denke ich sollte man auf jeden Fall Geduld und Stressresistenz mitbringen denn gerade in einem so kompetitiven und schnelllebigen Umfeld wie die Institutionen in Brüssel gerät man sonst schnell in eine Sackgasse.
6. Gibt es etwas, das du gerne vorher über den Job gewusst hättest?
Im Nachhinein hätte ich gern vorher gewusst, wie stressig der Job wirklich sein kann – und wie wichtig es ist, gerade als Frau selbstbewusst aufzutreten. In manchen Situationen hätte ich stärker für mich einstehen sollen.
7. Was muss man mitbringen, um in diesem Job nicht nur zu überleben, sondern gut zu sein?
Man braucht auf jeden Fall Nervenstärke, Organisationstalent und die Fähigkeit, auch unter Druck einen kühlen Kopf zu bewahren. Kommunikationsstärke, Flexibilität und ein gutes Gespür für politische Dynamiken sind genauso wichtig wie Teamfähigkeit – und manchmal auch einfach Humor.
8. Welche Tools, Plattformen oder Methoden helfen dir, im Parlamentschaos den Überblick zu behalten?
In unserem Büro nutzen wir ein eigenes Cloud-System und eine Projektmanagement-Plattform namens "Leantime". Darüber können wir alle laufenden Projekte einsehen und deren Fortschritt tracken. Das ist super praktisch, weil so jeder von überall und mit jedem Gerät Zugriff auf wichtige Dokumente und Unterlagen hat. Mir persönlich hilft das vor allem dabei, meine Arbeit gut zu strukturieren und den Überblick zu behalten.
9. Wie nah bist du inhaltlich an den politischen Entscheidungen dran – und wie viel Raum bleibt da für eigene Ideen oder Einfluss?
Man ist tatsächlich oft näher dran, als man denkt – manchmal ist mir das gar nicht so bewusst. APAs haben ziemlich viel Einfluss auf die Arbeit des MEPs, weil sie die Grundlagen erarbeiten, oft detailliertes Wissen mitbringen und dadurch ja auch eine beratende Rolle einnehmen. Natürlich hat mein MEP das letzte Wort, aber er holt sich regelmäßig meine Einschätzung mit ein und berücksichtigt sie bei seinen Entscheidungen. Dabei ist es für mich sehr wichtig, dass alles, was ich ihm vorlege, sorgfältig geprüft und faktengecheckt ist.
10. Wie nimmst du die Stimmung im Parlament aktuell wahr – eher sachlich, strategisch oder angespannt?
Ich würde die Stimmung eher als angespannt beschreiben. Das Erstarken der Rechten sorgt für viel Gesprächsstoff und macht vielen Sorgen. Besonders bei den Plenumsabstimmungen merkt man die Nervosität, weil die Ergebnisse oft sehr knapp sind.
11. Was war dein „Willkommen in der Bubble“-Moment?
Der erste Plux-Abend mit allen Höhen und Tiefen ;)
12. Hast du einen Lifehack für den Alltag im Parlament (z. B. bester Kaffeeautomat, bester Drucker, ruhigster Flur)?
Die kleinen Kaffeeautomaten, die eher ne Plörre als richtigen Kaffee hergeben, überraschen mit erstaunlich gutem Kakao. Und in den Cafés im Gebäude: lieber „Café noir“ statt Cappuccino bestellen.
13. Was für Skills würdest du sagen werden immer wichtiger und sollte man mitbringen für diesen Beruf?
Ich denke, es ist ein ziemlicher Trugschluss, dass bei den EU-Institutionen nur Leute mit Jura- oder Politikstudium arbeiten. Wenn man sich ein bisschen damit beschäftigt, merkt man schnell: Mit fast jedem Hintergrund kann man hier seinen Platz finden. Gerade bei der Kommission werden oft ganz gezielt Fachkräfte gesucht – zum Beispiel auch Leute mit einem Master in Biochemie. Wichtig ist vor allem, dass man Fachwissen in einem bestimmten Bereich mitbringt. Ich glaube außerdem, dass digitale und technische Skills immer wichtiger werden – nicht nur, sie zu haben, sondern sie auch richtig anwenden zu können. Auch beim Thema KI sollte man zumindest die Basics beherrschen und wissen, wie man verantwortungsvoll damit umgeht.
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