Facebook, TikTok & Co: Welche Plattform ist eigentliche die Beste für politische Botschaften?
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- vor 11 Stunden
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In der politischen Kommunikation sind die Ressourcen oft knapp. Zeit, Mitarbeitende, Geld: All das spielt eine Rolle dabei, wo und wie intensiv man sich positionieren kann.
Denn jeder Kanal, der bespielt wird, muss auch betreut werden. Umso wichtiger ist es, sich wirklich damit auseinanderzusetzen, welche Kanäle für die eigene Zielgruppe Sinn ergeben und wo es sich vielleicht auch lohnt, sich von einer Plattform gänzlich zu lösen.
Im heutigen Beitrag von YPCClerin Chiara Tabakan geht es deshalb rund um das Thema Plattformen. Und vorab können wir schon sagen: Die eine perfekte Plattform gibt es leider nicht.

❓ Alles nur Mitlesende?
Menschen nutzen Social-Media-Plattformen heute vielfältiger denn je – doch wofür genau und von wem? Eine länderübergreifende Befragung aus den Jahren 2019 und 2021 mit 12.302 Teilnehmenden aus Kanada, Frankreich, den USA und dem Vereinigten Königreich zu Facebook, YouTube, Instagram, Twitter, Reddit, Snapchat und WhatsApp zeigt: Die politische Ideologie sagt sowohl die Plattformadoption als auch die politische Nutzung über alle Netzwerke hinweg vorher.
Besonders deutlich wird dies bei Reddit, Snapchat und WhatsApp: Rechtsgerichtete User berichten hier konsistent in allen vier Ländern häufiger politischen Inhalten ausgesetzt zu sein und selbst politisch zu posten.
Diese Muster lassen sich mit den jeweiligen Netzwerklogiken erklären – von Community-Strukturen und (Semi-)Anonymität über Gruppen- und Channel-Dynamiken bis hin zur Ephemeralität.
Zugleich dokumentiert der Datensatz einen trichterförmigen Prozess: Viele nutzen eine Plattform, Wenige sehen dort politische Inhalte, noch weniger User posten selbst. Je tiefer man in diesen Trichter blickt, desto stärker werden die ideologischen Unterschiede – Aktive Gruppen verengen sich und neigen zur Homogenisierung.
Das begünstigt Echokammern und selektive Informationsflüsse, während die breite Masse an der Oberfläche eher „mitlesen“, ohne aktiv in politische Kommunikation einzusteigen.
💬 Parteispezifische Unterschiede in der politischen Social-Media-Nutzung - ein Blick nach Finnland
Soziale Medien eröffnen neue Räume für politische Teilhabe und ideologische Einordnung, doch der Zusammenhang zwischen Parteipräferenzen und politisch aktiver Social-Media-Nutzung ist bislang wenig beleuchtet.
Auf Basis eines national repräsentativen Datensatzes aus Finnland (2017–2018; n = 3.724) untersuchen Koiranen et al. (2020) sowohl die allgemeine Nutzung sozialer Medien als auch deren politischen Einsatz und verorten die Befunde im Wandel politischer Partizipation zwischen sozioökonomischen und demografischen Gruppen moderner Informationsgesellschaften.
Die Analyse zeigt deutliche parteispezifische Unterschiede in der politischen Social-Media-Nutzung, die mit digitalen Spaltungen und politischen Extremen zusammenhängen. Neue politische Bewegungen mit jüngeren und höher gebildeten Unterstützenden konnten soziale Medien besonders effektiv nutzen.
Zugleich ist die ideologische Distanz zwischen Parteianhängerschaften auf Social Media ausgeprägter, insbesondere dort, wo „neue“ Politikfelder dominieren: kulturelle Fragen, Identität, Lebensqualität und postmaterialistische Werte.
👉 Politische Kommunikation als Brand: Die Plattform macht den Erfolg?
Soziale Medien haben eine Welle an Online-Aktivismus und soziopolitischen Bewegungen ausgelöst. Parallel dazu positionieren sich immer mehr Unternehmen mit „Brand-Activism“-Kampagnen zu gesellschaftspolitischen Themen. Unklar war bislang, warum Konsumentenreaktionen je nach Plattform unterschiedlich ausfallen. Zur Schließung dieser Forschungslücke wird der Politisierungsgrad von Plattformen als neues Merkmal eingeführt und geprüft, wie die Passung von Botschaft und Plattform entlang dieses Merkmals die Reaktionen auf Brand-Activism-Ads beeinflusst.
Studie 1 zeigt: Auf weniger politisierten Plattformen führt eine weniger politisierte Botschaft zu geringerer wahrgenommener Anzeigenaufdringlichkeit; darüber verbessern sich Anzeigenbewertung und Kaufabsicht. Auf stärker politisierten Plattformen bleiben die Reaktionen unabhängig vom Botschaftsgrad weitgehend stabil.
Studie 2 identifiziert zudem eine Grenzbedingung: Der Passungseffekt verstärkt sich, wenn die Themenunterstützung im Publikum gering ist – hier entscheidet die stimmige Einbettung in die Plattformkultur besonders über Akzeptanz und Wirkung.
💡 Für die Praxis heißt das: Politische Kommunikation braucht plattformspezifische Strategien
Reichweite und Agenda-Setting über große, sichtbare Oberflächen (YouTube, Instagram, Facebook).
Mobilisierung und Community-Building gezielter in tieferen, homogeneren Nischen (Reddit, Snapchat, WhatsApp).
Zielgruppen sollten entlang digitaler Spaltungen und Werteachsen segmentiert werden.
Wertegetriebene Themen profitieren von dialogischen Formaten und Community-Aufbau, während klassische Reichweitenkanäle ergänzend Brücken zwischen ideologischen Lagern schlagen.
Botschaften sind am Politisierungsgrad der Zielplattform auszurichten: Auf weniger politisierten Kanälen wirken deeskalierte, alltagsnahe Claims, auf stark politisierten zählen Kohärenz und Glaubwürdigkeit.
Bei geringer Themenunterstützung steigt die Bedeutung des Message–Platform-Fit (Format, Tonalität, Community-Kontext).
Echokammern lassen sich durch Brückenformate, Creator-Kooperationen sowie konsequentes Community-Management mit Qualitätsstandards und Quellenprüfung in Gruppen- und Chat-Umgebungen gezielt aufbrechen.
Probieren über Studieren ist oft der Grundsatz, vor allem wenn es um Social Media geht. Die Wahrheit ist aber: Sich vorab intensiv mit der eigenen Zielgruppe auseinanderzusetzen spart langfristig Zeit und Geld. So setzt man Ressourcen dort ein, wo sie wirklich erfolgsversprechend sind.
📚 Hier könnt ihr die Studien nachlesen:
Boulianne, S., Hoffmann, C. P., & Bossetta, M. (2024). Social media platforms for politics: A comparison of Facebook, Instagram, Twitter, YouTube, Reddit, Snapchat, and WhatsApp. New Media & Society, 14614448241262415. https://doi.org/10.1177/14614448241262415
Koiranen, I., Koivula, A., Saarinen, A., & Keipi, T. (2020). Ideological motives, digital divides, and political polarization: How do political party preference and values correspond with the political use of social media? Telematics and Informatics, 46, 101322. https://doi.org/10.1016/j.tele.2019.101322
Zhou, X., Lou, C., & Huang, X. (Irene). (2025). When Social Media Gets Political: How Message–Platform Match Affects Consumer Responses to Brand Activism Advertising. Journal of Advertising, 54(3), 342–358. https://doi.org/10.1080/00913367.2024.2347271
Foto: Unsplash | Kaitlyn Baker



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